Warum wurden Hadithe mit schwacher (ḍaʿīf) Überliefererkette weiterhin überliefert?

 

Es hat vielerlei Gründe warum Gelehrte schwache Überlieferungen anführen.

 

 

Dazu zählen unter anderem folgende:

 

 

Die schwachen (aʿīf) Überlieferungen wurden von den Gelehrten überliefert, damit ihr Grad der Authentizität kenntlich gemacht wird, sodass jeder der diese Überlieferung liest oder hört wissen soll, dass es sich dabei um eine Überlieferung mit schwacher Überliefererkette (sanad) handelt. Andernfalls könnte man davon ausgehen, dass es sich bei einer solchen Überlieferung die man mitbekommt um eine authentische handelt und man sie bei normativen Angelegenheiten als Quelle verwendet. Dies wird durch die Kennzeichnung „aʿīf unterbunden.

 

 

Im Bereich Faāʾil aʿmāl (dt. Vorzüge von Taten“) werden auch schwache Überlieferungen berücksichtigt. Dies findet prinzipiell Akzeptanz unter den Gelehrten. Außerdem möchte man derartige Überlieferungen mit vorzüglichen Taten niemandem vorenthalten.

 

 

Dass eine Überlieferung schwach ist bedeutet nicht, dass der Inhalt falsch ist. Die Überlieferung ist vielmehr schwach mit Blick auf die Überliefererkette, sodass die Zurückführung dieser Überlieferung auf den Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, selbst nicht einwandfrei ist. Viele Gelehrte führen Überlieferungen trotz ihrer schwachen Überliefererkette auch dann an, wenn sie die weisen und belehrenden Inhalte dieser als nützlich und wahr erachten. So werden beispielsweise Überlieferungen wie “لولاك , كنت كنزا مخفيا" als inhaltlich richtige, jedoch mit Blick auf ihre Überliefererkette (sanad) schwache Überlieferungen erachtet.

 

 

In manchen Überliefererketten werden einzelne Überlieferer (rāwī) unterschiedlich bewertet. Während manche Gelehrte einen Überlieferer als aʿīf (schwach, nicht glaubwürdig) einstufen und somit die Authentizität der Überlieferung in Frage stellen, stufen andere Gelehrte denselben Überlieferer anders ein und betrachten die Überlieferung als authentisch (aī). Um auf diese unterschiedlichen Bewertungen hinzuweisen macht es Sinn, auch als aʿīf gekennzeichnete Überlieferungen weiter zu tradieren.

 

 

Folgende Nachteile könnten auftreten, wenn man schwache Überlieferungen nicht weiter überliefern beziehungsweise bewahren würde:

 

Dies würde den Überlieferung gegenüber kritisch gesinnten Positionen dienlich sein und ein Argument für sie - gegen die Hadithliteratur - darstellen.

 

 

Bei den in verschiedenen Überliefererketten überlieferten Hadithen, die denselben Inhalt enthalten, kann eine Variante authentisch (aī) sein während eine andere Variante schwach (aʿīf) ist. Eine solche Überlieferung aus der Hadithliteratur zu streichen mit dem Vorwand er sei schwach, wäre mit Blick auf den authentischen Inhalt (matn) der Überlieferung fatal.

 

In vielen schwach überlieferten Überlieferungen ist nützliches und lehrreiches Wissen zu finden, welches bei einem solchen Vorhaben gänzlich verloren gehen würde.

 

 

Außer den Werken früherer Gelehrter stehen uns keine anderen Quellen zur Beurteilung der Authentizität von Überlieferungen zur Verfügung. Studien zu den Überlieferern, den Überliefererketten und den Überlieferungen an sich wurden bereits viel früher vorgenommen.

 

Dazu zählen unter anderem die Sammlungen authentischer Überlieferungen wie etwa durch Buārī und Muslim. Ebenso gibt es zahlreiche Abhandlungen zu schwachen (aʿīf) und gefälschten (mauūʿ) Hadithüberlieferungen. Es ist unmöglich aus heutiger Sicht eine Beurteilung auch nur eines einzigen Überlieferers (rāwī) vorzunehmen, ohne auf ältere Quellen zurückzugreifen. So sind in entsprechenden Werken der Hadithliteratur Studien zu finden, welche sich unter anderem mit den verschiedenen Authentizitätsstufen (aī, asan, aʿīf, mauūʿ) befassen und detailreiche Informationen beinhalten, wodurch von Grund auf neu konzipierte Recherchen (ohne Berücksichtigung vorhandener Quellen aus der Hadithliteratur) wenig Sinn machen würden.

 

 

Anstatt die schwachen Überlieferungen zu vernichten, sollte man sich eher einer peniblen und ordentlichen Studie widmen, bei der eine leicht zugängliche Sammlung von authentischen Überlieferungen in Form einer „aī-Hadith-Enzyklopädie erstellt wird, sodass auch unerfahrene und unqualifizierte Menschen davon profitieren können. Ein solches Bemühen wäre wohl eher zielführend.

 

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